Warum gute Neujahrsvorsätze scheitern!
Der Jahresbeginn gleicht einem leeren Tagebuch: glatte Seiten, makellose Hülle, unbeschrieben und voller Möglichkeiten. Ein idealer Moment für Neuanfänge. Ich liebe es, in Rhythmen zu leben – Altes abzuschließen und Neues zu beginnen. Kein Wunder, dass viele Menschen diesen Moment nutzen, um gute Neujahrsvorsätze zu fassen.
Doch wie lange halten wir durch? Auch ich bin oft gescheitert, meist nach sechs Wochen.
Befragungen zeigen: Nach drei Wochen scheitern rund 40 % der Menschen mit ihren Vorsätzen. Weitere 45 % erreichen ihre Ziele nur teilweise. Stress, Zeitmangel und fehlende Selbstdisziplin sind die häufigsten Gründe.
Warum scheitern gute Neujahrsvorsätze?
Die meisten Neujahrsvorsätze scheitern, weil sie zu ehrgeizig, unstrukturiert oder nicht alltagstauglich sind.
Oft unterschätzen wir, dass ein guter Vorsatz eine neue Gewohnheit bedeutet. Und Gewohnheiten brauchen Zeit. Laut einer Studie von Philippa Lally benötigen die meisten Menschen etwa 66 Tage, um eine neue Gewohnheit zu verankern. Ohne eine klare Strategie wirtd diese Zeit zur endlosen Reise.
Die Hauptgründe für das Scheitern:
- Zu große Ziele: „Ich will jeden Tag 20 Minuten joggen“ klingt gut, ist aber oft unrealistisch.
- Mangelnde Struktur: Ohne einen Plan bleibt der Vorsatz eine lose Idee.
- Fehlende Motivation: Viele starten enthusiastisch, verlieren aber sofort die Energie, wenn schnelle Ergebnisse ausbleiben.
Wie aus guten Vorsätzen neue Gewohnheiten werden – die Verhaltenskette
Ein Vorsatz bedeutet, etwas in deinem Leben zu ändern – ein Verhalten, eine Handlung oder eine Aktivität. Um das zu erreichen, hilft es, unser Verhalten zu verstehen – ein kleiner Ausflug in die kognitive Verhaltenspsychologie.
Jedes Verhalten lässt sich in 4 Schritte aufgliedern: die Verhaltenskette
(Duhigg, 2012):
- Trigger: Ein klarer Auslöser, der dein neues Verhalten aktiviert. Das können Joggingschuhe neben dem Bett oder eine Sporttasche im Auto sein. Ein sozialer Trigger wäre ein Sporttreffen mit Freunden. Ein umfeldbezogener Trigger: der Duft eines Croissants auf dem Weg zur Arbeit.
- Gedanke: Der Moment, in dem du dich entscheidest, die Handlung auszuführen – die Schuhe zu schnüren oder dem Croissant zu widerstehen. Das ist der Moment der Wahrheit.
- Handlung: Du tust genau das, was du gedacht hast.
- Folge: Du schließt die Handlung ab und erlebst im besten Fall eine Belohnung, die deine Motivation stärkt. Bei unerwünschten Handlungen („Croissant essen“) kommen oft Schuldgefühle auf.
Unpassende Gewohnheiten kannst du nicht einfach abstellen. Erkenne deine Trigger und vermeide sie, wenn möglich – laufe nicht am Café vorbei oder kaufe keine Gummibärchen. Da das nicht immer geht, gestalte deine Trigger um, besonders wenn du etwas Neues lernen möchtest.
Analysiere deine Trigger und überlege, welche kleine „neue“ Handlung du damit verbinden könntest.
Wie kleine Schritte gute Neujahrsvorsätze erfolgreich machen
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in kleinen, machbaren Veränderungen. Diese Intervention sollte maximal zwei Minuten dauern. Statt großer Ziele probiere Micro Habits und Habit Stacking – zwei einfache und effektive Methoden:
1. Micro Habits: Der erste Schritt zählt
Micro Habits sind kleine, umsetzbare Gewohnheiten, die dich deinem Ziel näherbringen. Sie nehmen kaum Zeit in Anspruch, haben aber durch ihre Regelmäßigkeit eine große Wirkung.
Beispiele für Micro Habits:
- Mache eine Gleichgewichtsübung beim Zähneputzen.
- Trink morgens ein Glas Wasser, bevor du deinen Kaffee genießt.
- Atme dreimal tief durch, bevor du eine neue Aufgabe beginnst.
- Geh nach dem essen 5 Minuten an die frische Luft.
- Schreibe abends einen positiven Moment des Tages auf.
2. Habit Stacking: Gewohnheiten clever kombinieren
Habit Stacking bedeutet, eine neue Gewohnheit mit einer bestehenden Routine zu verknüpfen. James Clear beschreibt in Atomic Habits, wie du so eine Verhaltenskette etablierst.
Beispiel:
Bestehendes Verhalten am Abend: „Nach dem Zähneputzen lese ich noch im Bett.“
Neue Gewohnheit: „Mein Stift und mein Tagebuch liegen auf dem Nachttisch – visueller Trigger – und ich schreibe drei Dinge auf, die gut liefen, bevor ich lese.“
Finde Routinen in deinem Alltag, an denen du eine kleine Veränderung andocken kannst. Beobachte aufmerksam deinen Alltag.
Mit Kichererbsen zu großen Zielen
Ich habe mir letztes Jahr mit Micro Habits und Habit Stacking abgewöhnt, gleich in der Früh meine Zeit am Handy zu verdaddeln.
Nach meiner Meditation schrieb ich immer einer Freundin. Triggerwarnung: Handy in der Hand und schon bin ich in der digitalen Welt. Ich tauschte Handy gegen Tagebuch und Stift und ging nicht an der Handy-Garage vorbei – zwei Meter machen den Unterschied.
So komme ich nicht in Versuchung und nehme das Handy erst später zur Hand.
Um mich zu belohnen, erfand ich die 108-Tage-Kichererbsen-Challenge. Dieser haptische Ansatz hilft mir, meine Vorsätze umzusetzen.
Stell dir ein leeres Glas und einen Haufen Kichererbsen vor. Jede Kichererbse steht für einen kleinen Erfolg – ein bewusster Start in den Tag, eine Atemübung oder eine Yogaeinheit. Schritt für Schritt, Erbse für Erbse, füllt sich das Glas. Für jede geglückte Handlung eine sichtbare Folge. So geht Selbstwirksamkeit.
Diese Methode basiert auf 108 Wiederholungen. 108 steht für Vollständigkeit und Einheit.
Warum 108?
Die Zahl 108 hat für mich eine symbolische Bedeutung, die mich motiviert, meine Gewohnheiten bewusster zu etablieren. Sie steht für Vollständigkeit und Einheit – und bietet faszinierende Verbindungen:
- Spiritualität: Im Hinduismus und Buddhismus gilt 108 als heilige Zahl. Eine Mala-Kette hat 108 Perlen, die bei der Meditation helfen.
- Astronomie: Die Entfernung von der Erde zum Mond beträgt etwa das 108-Fache des Monddurchmessers – ein Sinnbild kosmischer Harmonie.
- Mathematik: 108 ist eine sogenannte Harshad-Zahl, die durch ihre Quersumme teilbar ist – ein Symbol für Balance und Einheit.
Rituale, die auf symbolischen Zahlen basieren, fördern die Achtsamkeit und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, Gewohnheiten beizubehalten (Norton & Gino, 2014). Wahrscheinlich reichen auch drei Monate aus. Deine persönliche Zeitspanne kann je nach Komplexität der Gewohnheit variieren. Geduld und Konstanz sind entscheidend.
Wie du deine Neujahrsvorsätze umsetzt
Ich gehe mit gutem Beispiel voran. So sieht meine Morgenroutine in 2025 aus:
- Ich stehe auf, nehme auf dem Weg aus dem Bad mein Meditationskissen und Tagebuch mit – mein sichtbarer Trigger
- Ich meditiere 8–10 Minuten, mache Atemübungen und schreibe fünf Minuten Tagebuch.
- Danach trinke ich ein Glas Wasser und starte eine kurze Yogaeinheit mit vier Übungen
Neu ist Punkt 3. Er erfüllt alle Kriterien für gutes Gelingen – es ist eine kurze Handlung, die gut andockt. Die Matte ist ausgebreitet und ich trage bequeme Kleidung. Um meine Motivation aufrechtzuerhalten und den Fortschritt sichtbar zu machen, wandert jeden Morgen eine Kichererbse als „Erledigt-Symbol“ in ein Glas. Die Kichererbsenchallenge begleitet mich bis Anfang April.
Wie BJ Fogg in „Tiny Habits“ beschreibt, können kleinste Veränderungen, wie jeden Morgen ein Glas Wasser zu trinken, langfristig eine große Transformation bewirken. Wichtig ist, dass die Gewohnheiten so klein sind, dass sie keine zusätzliche Belastung darstellen und sich leicht in den Alltag integrieren lassen.
PRAXIS TIPP
- Setze klare Ziele: Wähle einen kleinen, machbaren Vorsatz.
- Nutze einen Trigger: Schaffe einen sichtbaren Auslöser, der dich an deine neue Gewohnheit erinnert (z. B. ein Tagebuch auf dem Nachttisch).
- Starte mit kleinen Schritten: Wähle eine Handlung, die nicht länger als zwei Minuten dauert.
- Belohne dich: Feiere kleine Erfolge – z. B. durch das sichtbare Füllen eines Fortschrittsglases.
Fazit: Gute Neujahrsvorsätze möglicher gemacht
Gute Neujahrsvorsätze scheitern oft nicht, weil wir zu wenig wollen, sondern weil wir zu viel auf einmal wollen. Mit kleinen, realistischen Schritten und einer klaren Struktur kannst du deine Ziele jedoch erfolgreich umsetzen.
Fang heute an – Schritt für Schritt, Erbse für Erbse. Bevor du es merkst, summieren sich diese kleinen Erfolge und bereichern dein Leben nachhaltig.
Ich wünsche dir ein Jahr voller positiver Veränderungen und Klarheit. Lass uns gemeinsam starten!
Quellen:
• Lally, P., van Jaarsveld, C. H. M., Potts, H. W. W., & Wardle, J. (2010). How are habits formed: Modelling habit formation in the real world. European Journal of Social Psychology.
• Fogg, B. J. (2020). Tiny Habits: The Small Changes That Change Everything.
• Duhigg, C. (2012). The Power of Habit.
• Norton, M. I., & Gino, F. (2014). Rituals alleviate grieving for loved ones, lovers, and lotteries.
• Clear, J. (2018). Atomic Habits: An Easy & Proven Way to Build Good Habits & Break Bad Ones.
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