Glück – Zustand oder Entscheidung?
Glück – ein Wort, das in vielen Sprachen existiert, aber unterschiedlich verstanden wird. Für die einen ist es ein zufälliges Geschenk des Schicksals, für die anderen eine innere Haltung.
Aber was ist Glück wirklich? Ein flüchtiger Moment oder ein bewusst gestaltetes Lebensgefühl?
Und vor allem: Haben wir es selbst in der Hand?
Was bedeutet Glück? Eine kleine Reise durch die Sprachen
Im Deutschen gibt es nur das Wort Glück – one size fits all, egal ob es der glückliche Zufall ist oder die Maxime: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Die deutsche Sprache unterscheidet nicht klar zwischen verschiedenen Formen von Glück – doch andere Sprachen tun das:
Englisch:
Luck bezeichnet Glück im Sinne eines günstigen Zufalls. Das Wort stammt aus dem Mittelniederdeutschen luc, was „günstiges Schicksal“ bedeutete. Es tauchte erst im 15. Jahrhundert im Englischen auf und verdrängte ältere Begriffe wie das altenglische gēfa (geschenktes Glück) oder wyrd (Schicksal).
Happiness leitet sich vom mittleren Englischen „hap“ ab und bedeutet „Zufall, Schicksal“. Dieses Wort stammt aus dem Altnordischen happ („Glück, Zufall“). Ursprünglich bedeutete happy „vom Schicksal begünstigt“, bevor sich die heutige Bedeutung eines anhaltenden Wohlbefindens entwickelte.
Französisch:
Le bonheur beschreibt ein tiefes, anhaltendes Glücksgefühl, eine Form von Lebenszufriedenheit (ähnlich dem englischen happiness).
La chance steht für Glück im Sinne eines günstigen Zufalls (entspricht dem englischen luck).
Das Adjektiv heureux bedeutet „glücklich“ im Sinne eines inneren Zustands, aber auch „vom Schicksal begünstigt“. Es leitet sich vom altfranzösischen heur ab, das wiederum auf das lateinische augurium (günstiges Vorzeichen) zurückgeht.
Weitere Sprachen:
Niederländisch: Ähnlich wie im Deutschen existiert das Wort geluk, das sowohl für Glück im Sinne von Zufall als auch für ein allgemeines Gefühl der Zufriedenheit steht. Das Verb gelukken bedeutet „gelingen“ – eine enge Verbindung zum deutschen Sprachgebrauch.
Jiddisch: Mazel Tov wird oft als „Glückwunsch“ übersetzt, bedeutet aber wörtlich „guter Stern“ oder „günstiges Schicksal“. Es verweist auf die Vorstellung, dass Glück mit günstigen Umständen zusammenhängt – ähnlich dem englischen luck.
Skandinavische Sprachen: Lykkelig (Dänisch) und lycklig (Schwedisch) stehen für ein anhaltendes Glücksgefühl.
Diese sprachliche Vielfalt zeigt die Ambivalenz des Glücksbegriffs: Einerseits Glück als äußere, schicksalhafte Fügung und andererseits ein innerer Zustand, der selbst beeinflusst werden kann.
Johann Wolfgang von Goethe schrieb:
„Glück ist Talent für das Schicksal.“
Das unterstreicht, dass Glück nicht nur eine Frage des Zufalls ist, sondern auch eine Fähigkeit – die Kunst, mit dem umzugehen, was das Leben uns bietet. Und genau hier setzt mein persönliches Credo an:
Glück kommt nicht vom Zufall, sondern vom Gelingen.
Während Glück oft als flüchtiger Moment oder günstiger Zufall verstanden wird, gefällt mir die Glückseligkeit als ein tieferer, dauerhafterer Zustand viel besser. Es ist jene besondere Form der Zufriedenheit, die nicht nur von äußeren Umständen abhängt, sondern aus einer inneren Harmonie erwächst.
Glückseligkeit – das kann ein kleiner Moment in der Natur sein, wenn die Sonne die Bergspitzen rosa verfärbt oder plötzlich Licht durch die Wolkendecke bricht.

Diese nachhaltige Form des Glücks entsteht nicht durch Zufall, sondern durch bewusstes Sein und Handeln. Sie ist weniger ein Gefühlszustand als eine Lebenshaltung, die uns erlaubt, auch in herausfordernden Zeiten unsere innere Balance zu bewahren.
Glück und Resilienz – Zwei Seiten einer Medaille?
Glück ist nicht nur eine Frage des Zufalls, sondern auch eine Fähigkeit – die Kunst, mit dem umzugehen, was das Leben uns bietet.
Die Resilienzforschung zeigt, dass Glück kein bloßes Produkt günstiger Umstände ist. Resiliente Menschen erleben häufiger Glück – nicht, weil ihnen weniger passiert, sondern weil sie anders damit umgehen.
Studien zeigen, dass unser Glücksempfinden nur zu etwa 10 % von äußeren Lebensumständen abhängt. Etwa 50 % sind genetisch bedingt, aber ganze 40 % liegen in unserer eigenen Gestaltungskraft – in unserer Einstellung, unseren Handlungen und unseren Gewohnheiten.
Glück ist also nicht einfach da oder nicht da. Es entsteht auch aus unserer Fähigkeit, Herausforderungen anzunehmen, Lösungen zu finden und aus Erfahrungen zu wachsen.
Paul Watzlawick hat in „Anleitung zum Unglücklichsein“ gezeigt, dass wir oft selbst für unser Unglück sorgen – durch unsere Erwartungen, unsere Fixierung auf das, was fehlt, und unsere Art, mit Problemen umzugehen.
Glück kommt nicht von allein, aber wir können es auch aktiv verhindern.
Die gute Nachricht: Wer erkennt, welche Denkmuster ihn unglücklich machen, kann lernen, sie zu verändern.
Wege zu einem gelingenden Glück
Glück ist kein fixer Zustand, sondern eine bewusste Entscheidung, ein Lebensstil. Hier sind einige Faktoren, die nachweislich unser Glücksgefühl steigern – und gleichzeitig unsere Resilienz stärken:
- Dankbarkeit kultivieren – Wer sich bewusst macht, was er bereits hat, steigert sein Glücksempfinden nachweislich.
- Positive Beziehungen pflegen – Soziale Bindungen sind eine der stärksten Quellen für langfristiges Glück.
- Sinnhafte Ziele setzen – Menschen, die an etwas arbeiten, das ihnen wichtig ist, erleben tiefere Erfüllung.
- Achtsamkeit und Selbstreflexion – Wer bewusst im Moment lebt, nimmt Glück intensiver wahr.
- Bewegung und Natur erleben – Körperliche Aktivität und Naturerfahrungen haben nachweislich positive Effekte auf unser Wohlbefinden.
Meine persönliche Strategie, die in der Natur verwurzelt ist, ist das bewusste Gehen in der Natur – nicht nur als Spaziergang, sondern als Achtsamkeitsübung. Dabei nutze ich die 5-4-3-2-1-Methode, um mich mit dem Moment zu verbinden:
- 5 Dinge sehen – das Spiel des Lichts in den Blättern, die Struktur eines Baumstamms, ein Vogel, der über den Himmel zieht
- 4 Dinge hören – das Knirschen von Kies unter meinen Füßen, der Wind in den Bäumen
- 3 Dinge fühlen – die Kühle des Windes, das Gras unter den Fingern
- 2 Dinge riechen – den erdigen Duft nach dem Regen, das Harz eines Nadelbaums
- 1 Sache schmecken – vielleicht einen Schluck Tee oder die frische Morgenluft
Diese Übung hilft mir, mich ganz im Hier und Jetzt zu verankern. Sie zeigt mir: Glück ist oft nur eine Frage der Aufmerksamkeit.
Glück als Maßstab für gesellschaftlichen Fortschritt?
Während viele Länder wirtschaftlichen Erfolg am Bruttoinlandsprodukt (BIP) messen, geht Bhutan einen anderen Weg. Das kleine Himalaja-Königreich nutzt das Konzept des Bruttonationalglücks (Gross National Happiness, GNH). Dabei wird Glück nicht als Zufall verstanden, sondern als Ergebnis politischer, sozialer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die das Wohlbefinden der Menschen fördern.
Manche werden das für einen Spleen halten, aber auch im World Happiness Report der Vereinten Nationen wird Glück bewertet – anhand von Faktoren wie sozialer Unterstützung, Lebenserwartung, Freiheit und Korruptionswahrnehmung. Skandinavische Länder belegen dabei regelmäßig die Spitzenplätze – nicht wegen zufälliger Glücksmomente, sondern aufgrund stabiler und ausgewogener gesellschaftlicher Strukturen.
Mein Credo: Glück erfahre ich im Gelingen
Ich glaube nicht an Vorbestimmung oder schicksalhafte Fügung. Auch nicht an Karma als kosmisches Punktesystem. Natürlich ist es glücksfördernder, im 20. Jahrhundert in Westeuropa als Frau geboren zu sein, statt im Mittelalter in einer Familie von Leibeigenen – oder in der Sahelzone.
Dennoch glaube ich, dass Glück aus dem entsteht, was wir selbst tun können und wollen. Glück ist das Produkt von Klarheit, Handlungsfähigkeit und der Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Es geht nicht darum, Glück zu haben – es geht darum, dass das eigene Leben gelingt. Und das Beste daran? Viel liegt in unserer Hand.
Lass mich diese Gedanken mit einem Tanka abrunden, einer japansichen Gedichtsform, die für mich die Essenz einfängt:
Kleines Glück ganz groß
Dagmar Wienböker
schauend, staunend durchs leben
Schönheit im Moment
Kraft aus der Natur fließt sanft
in die Seele tief hinein
Quellen
- Bartels, M., & Boomsma, D. I. (2009). Born to be happy? The genetics of subjective well-being. Behavior Genetics, 39(6), 605-615.
- De Neve, J. E., Christakis, N. A., Fowler, J. H., & Frey, B. S. (2012). Genes, Economics, and Happiness. Journal of Neuroscience, Psychology, and Economics, 5(4), 193-211.
- Goethe, Johann Wolfgang von, (1833). Maximen und Reflexionen, Nr.1266
- Lykken, D., & Tellegen, A. (1996). Happiness is a stochastic phenomenon. Psychological Science, 7(3), 186-189.
- Waztlawick, Paul (1983). Anleitung zum Unglücklichsein
Dieser Artikel entstand im Rahmen der Blogparade „Meine besten Glücksstrategien“ von Alexandra Cordes-Guth. Viele spannende Beiträge zeigen hier verschiedene Perspektiven auf das Thema Glück.
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Liebe Dagmar, danke für die spannende Reise durch deine Glückswelt. Die zeigt, wie viele Worte es für das Glück gibt. Und dass es neben dem Glück die Glückseligkeit gibt. Ein so schönes Wort, das das Glück mit seiner Tiefe gut einfängt.
Für mich ist Glück auch eine innere Haltung zum Leben. Eine Entscheidung, aus welcher Perspektive ich die Dinge wahrnehmen will. Und wie du schreibst: Unsere Denkmuster sind dabei ein sehr wirkungsvoller Ansatz. Weil unsere Gedanken Gefühle erzeugen und diese erzeugen Verhalten.
Es gibt so viel was wir aktiv tun können, um das Glück einzuladen. Die Natur ist dabei für mich auch eine der größten Quellen, in der ich das tun kann.
Das sind viele tolle Gedanken und praktische Anregungen – vielen Dank dafür!
Herzliche Grüße
Alexandra
Liebe Alexandra!
Erstmal noch vielen Dank 🙏 für den Anstupser für diesen Artikel! Ohne deine Blogparade hätte es ihn nicht gegeben!
Welch ein Glück 🍀!
Dagmar