Die Macht von Resilienz und Bindung: wie starke Beziehungen uns stärken

Das Herz ist das Symbol für Freundschaft und steht auch für Resilienz und Bindung.

„Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“

Albert Schweitzer

In diesem dritten Artikel meiner Resilienzreihe beleuchte ich die Zusammenhänge zwischen Resilienz und Bindung. Der Begriff „Bindung“ steht für unsere gesamten sozialen Beziehungen. Ich werde aufzeigen, welche positiven Auswirkungen Bindung auf unsere Resilienz hat. Und wie immer werde ich einige praktische Konzepte vorstellen.

Während meiner Recherche zu diesem Artikel stieß ich auf das Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung, das ein Ergebnis enthüllte, das mich nachdenklich stimmte. Wie ist es um die sozialen Beziehungen gestellt, sind viele Menschen einsam und ohne ein unterstützendes Netzwerk?

Es zeigt, dass nicht nur ältere Menschen einsam sind. Laut der zugrundliegenden Studie fühlen sich 48% der unter 30-Jährigen einsam.

  • Ist dies eine Folge von Corona?
  • Zu viel digitale statt reale Interaktion?

Bei den Älteren beträgt dieser Anteil lediglich 36% der über 75-Jährigen – das ist immer noch viel.

Ein weiterer interessanter Artikel zu dem Themenkreis findet sich in der Süddeutschen Zeitung mit dem Titel „Wie misst man Einsamkeit?“ von Sina Metz vom 8. /9. Juni 2024. Er illustriert die Relevanz und Aktualität des Themas Bindung und soziale Beziehungen für Resilienz und Gesundheit.

Also steigen wir ein und finden heraus, wie Bindung deine Resilienz stärken kann.

Die Bedeutung von Resilienz und Bindung

Ein bedeutender Einflußfaktor für die Resilienz sind unsere sozialen Beziehungen, also solide und gute Bindungen zu anderen Menschen. Enge Beziehungen zu Familie, Freunden und Gemeinschaften bieten uns Unterstützung, Schutz und emotionale Sicherheit. Diese Bindungen bilden ein Netzwerk, das uns in schwierigen Zeiten auffängt und unterstützt. Sie vermitteln uns das Vertrauen, dass wir nicht allein sind und gemeinsam die Herausforderung en des Lebens bewältigen können.

Fehlen diese Bindungen, kann sich dies negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Studien legen nahe, dass wirklich einsame Menschen einen erhöhten Hormonspiegel aufweisen, der zu einer Schwächung des Immunsystems führen kann. Das Risiko für Depressionen, Angststörungen, Demenz und Anfälligkeit für Krankheiten steigt.

In der Kauai-Studie von Emmy E. Werner & R.S. Smith von 1992 wurde die Bedeutung der Bindung besonders hervorgehoben. Die begleiteten Kinder, die aus schwierigen Verhältnissen stammten und ihren Lebensweg erfolgreich meisterten, hatten alle enge Bezugspersonen, wie Großeltern oder Lehrer, die sie unterstützten.

Die Bindung zu anderen Menschen bietet uns emotionalen Rückhalt und hilft uns, Stress abzubauen sowie besser mit schwierigen Situationen umzugehen. Der Austausch mit anderen und das Teilen von Gedanken und Erfahrungen erlauben es uns, verschiedene Perspektiven einzunehmen, was in schwierigen Zeiten von entscheidender Bedeutung ist.

Die verschiedenen Arten der Bindung

Es gibt verschiedene Arten der Bindung, die eine Rolle bei der Entwicklung von Resilienz spielen. Hier sind die häufigsten Arten der Bindung:

1. Sichere Bindung: Eine gesunde und unterstützende Bindung zu einer Bezugsperson. Menschen mit einer sicheren Bindung fühlen sich sicher, geborgen und geschützt.

2. Unsichere Bindung: Diese kann verschiedene Formen annehmen, wie z.B. ängstlich-ambivalente oder ängstlich-vermeidende Bindung. Menschen mit einer unsicheren Bindung können Schwierigkeiten haben, Vertrauen aufzubauen und sich in Beziehungen sicher zu fühlen.

3. Desorganisierte Bindung: Gekennzeichnet durch eine inkonsistente und unvorhersehbare Beziehung zu einer Bezugsperson. Menschen mit einer desorganisierten Bindung können Schwierigkeiten haben, sich sicher und geborgen zu fühlen.

Die Art der Bindung, die wir in der Kindheit entwickeln, kann einen großen Einfluss auf unsere Fähigkeit zur Resilienz haben. Eine sichere Bindung kann uns helfen, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln und Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten zu haben.

Auch wenn wir als Kinder keinen Einfluss auf die Bindungsmuster haben, denen wir ausgesetzt sind, hindert uns das nicht daran, als Erwachsene aktiv Beziehungen zu gestalten, die uns unterstützen und stärken.

Hier spielen zwischenmenschliche Beziehungen eine wichtige Rolle, sei es im Berufsleben, in der Nachbarschaft, in Vereinen oder im Alter. Im Laufe unseres Lebens knüpfen wir Kontakte und Freundschaften, die uns unterstützen und stärken.
Dieses soziale Netzwerk fungiert wie ein Sprungtuch, das uns auffängt, uns stärkt und dabei hilft, unsere Ziele zu erreichen und Träume zu verwirklichen. Durch Ermutigung, Feedback und Kritik von geliebten Menschen können wir uns ständig weiterentwickeln und über uns hinauswachsen.

Tipps zur Stärkung sozialer Beziehungen

Unsere sozialen Beziehungen zu anderen Menschen spielen eine entscheidende Rolle bei unserer Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern. Hier sind einige Wege, wie Bindungen unsere Bewältigungsfähigkeiten beeinflussen:

1. Emotionale Unterstützung: Das Vertrauen und die Unterstützung von geliebten Menschen helfen uns, Stress abzubauen und schwierige Situationen besser zu bewältigen.

2. Kognitive Unterstützung: Der Austausch von Ideen und Erfahrungen erweitert unseren Denkhorizont und ermöglicht es uns, neue Lösungsansätze zu finden.

3. Ressourcen und Netzwerke: Durch Beziehungen zu anderen Menschen erhalten wir Zugang zu anderen und neuen Quellen und Zugängen, die uns bei der Bewältigung von Herausforderungen unterstützen.

Hier sind drei Prinzipien, wie du aktiv dein soziales Netzwerk unterstützen kannst:

1. Investiere Zeit und Energie: Sei proaktiv und pflege regelmäßig deine Beziehungen, sei es durch Anrufe, spontane Besuche oder gemeinsame Aktivitäten.

2. Biete selbst Unterstützung an: Sei empathisch, höre zu und biete deine Hilfe an, denn Geben ist seliger als Nehmen.

3. Suche Unterstützung, wenn nötig: Es ist in Ordnung, Hilfe zu suchen. Sprich mit vertrauten Personen über deine Probleme, Schwierigkeiten und Herausforderungen, um neue Perspektiven zu erhalten.

Resilienz im Job – und wie Bindung am Arbeitsplatz uns stärken kann

Während unserer aktiven Berufstätigkeit verbringen wir die meiste Zeit am Arbeitsplatz. Dies galt zumindest bis 2020, als Corona kam und mit der Pandemie das Homeoffice in unser aller Leben Einzug hielt.
Dennoch bleibt die Bedeutung eines unterstützenden Arbeitsumfelds bestehen, vielleicht sogar noch mehr als zuvor. Es ist entscheidend, gute Beziehungen zu Mitarbeitenden, Kollegen und Vorgesetzten aufzubauen und zu pflegen.

Schlechte Beziehungen oder ein schwaches berufliches Netzwerk können dich stark belasten, Energie rauben und deine Leistungsfähigkeit erheblich einschränken. Eine positive Beziehung zu deinem Team, Kollegen und Vorgesetzten ist von essenzieller Bedeutung. Es bedeutet nicht, dass du jeden mögen musst, aber ein vertrauensvolles Netzwerk zu haben, in dem du auch Unsicherheiten und Schwächen zeigen kannst, ist unverzichtbar. Andernfalls spielst du lediglich eine Rolle. Der Austausch mit Kollegen bietet dir Feedback, neue Perspektiven und Lösungsansätze für Probleme.

Bindung im Team

Eine förderliche Arbeitsatmosphäre, in der Teammitglieder sich gegenseitig unterstützen und ermutigen, stärkt die Resilienz deiner Abteilung. Dies wiederum stärkt jeden Einzelnen, erhöht die Leistungsfähigkeit und auch die Freude an der Arbeit. Insbesondere in New Work-Konstellationen, in denen Agilität und Dynamik vorherrschen und persönliche Treffen rar sind, ist es wichtig, regelmäßig Impulse für gemeinsame Aktivitäten zu setzen. Ein Team, das sich nicht mindestens einmal im Monat trifft – persönlich halte ich wöchentliche Treffen für noch effektiver – wird Schwierigkeiten haben, als Team zu funktionieren und erfolgreich zu sein.

Bindung zu Kollegen

Es ist wichtig, Kollegen und Kolleginnen auf gleicher Wellenlänge zu haben, mit denen man sich offen austauschen kann. Deine Kollegen sehen mit Abstand manche Themen klarer und können, wenn Sie mehr Erfahrung haben oder länger in Unternehmen sind, gute Hinweise und praktische Eischätzungen geben.

Auch die Beziehungen zu den schwierigsten Kollegen – die es eigentlich überall gibt – können aktiv verbessert werden. Man kann ihnen aus dem Weg gehen, aber es lohnt sich auch, diese Beziehungen zu pflegen. Es mag nicht immer gelingen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass aus anfänglich schwierigen Beziehungen oft gute Arbeitsbeziehungen entstehen können.

Bindung zu Vorgesetzten

Ebenso erfordert die Beziehung zu deinem Chef oder deiner Chefin eine aktive Gestaltung. Es geschieht nicht von selbst. Natürlich möchtest du einen guten Eindruck hinterlassen. Dafür ist Vertrauen notwendig, und offene Kommunikation kann dabei helfen.
Frage dich: Wie kann ich dazu beitragen, das Leben meiner Chefs leicher zu machen? Diese Einstellung fördert nicht nur eine positive Arbeitsbeziehung, sondern zeigt auch deine Bereitschaft, proaktiv Verantwortung zu übernehmen.

Praktische Maßnahmen zur Stärkung von Resilienz und Bindung

Hier sind einige Ideen, um deine sozialen Beziehungen zu stärken:

1. Führe ein Bindungstagebuch: Halte regelmäßig fest, welche Menschen dir wichtig sind und wie du diese Beziehungen pflegen kannst. Reflektiere über die Zeit, die du vor Bildschirmen verbringst im Vergleich zu persönlichen Gesprächen. Notiere positive Begegnungen und mögliche Verbesserungsmöglichkeiten.

2. Plane verbindende Aktivitäten: Organisiere regelmäßig gemeinsame Aktivitäten mit Freunden oder Familie, um eure Bindung zu vertiefen. Das kann ein gemeinsames Abendessen, ein Ausflug oder einfach ein regelmäßiger Spaziergang sein.

3. Entwickle Empathie: Übe dich darin, dich in die Lage anderer zu versetzen, um ihr Verhalten und ihre Gefühle besser zu verstehen. Dies fördert Verständnis und stärkt die Bindung.

Weitere Möglichkeiten sind ehrenamtliches Engagement, der Besuch von Netzwerktreffen, das Suchen und Anbieten von Mentoring sowie die Teilnahme an Branchenveranstaltungen, Workshops und Konferenzen, um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.

Fazit

Die Bindung zu anderen Menschen spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Resilienz. Enge Beziehungen zu Familie, Freunden und Gemeinschaften bieten Unterstützung, Schutz und emotionale Sicherheit. Dieses soziale Gefüge bildet ein Netzwerk, das uns in schwierigen Zeiten stützt. Es ermöglicht uns, uns Unterstützung zu erhalten, wenn wir sie benötigen. Es bietet uns Rückhalt und hilft, Stress abzubauen und besser mit schwierigen Situationen umzugehen und am Ende auch gesund zu bleiben.

Also rufe einen lieben Menschen an oder überrasche jemanden mit einer spontanen Einladung.

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2 Kommentare

  1. Liebe Dagmar,
    dein Artikel ist so wichtig! Auch ich gehöre zu den Menschen, die einen Mangel an sozialen Bindungen „vor Ort“ erlebt.
    „Einmal zugezogen, immer zugezogen“ trifft es wohl ganz gut.
    Aber ich habe Methoden entwickelt, aus dieser Art der Einsamkeit herauszufinden:
    Netzwerken, Bloggen, Veranstaltungen besuchen, die mein Interesse erregen und dort Gleichgesinnte treffen.
    Dass das vornehmlich in meiner Wahlheimatstadt nicht möglich ist und auf Gegeninteresse stößt, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt und finde daher sehr oft den Weg hinaus „aus dem Tal“ 😉
    Ich grüße dich
    Gabi

    1. Liebe 🫶 Gabi,
      das ist auch ein Tabuthema. Niemand mag gerne zugeben, einsam zu sein oder zu wenig Freunde zu haben. Schön, dass du für dich einen Weg gefunden hast im Moseltal!
      Und ja unterwegs sein offen bleiben – das hilft!
      Ich werde, das Pantun, das ich mit Deiner Unterstütze geschrieben habe, in meinem Newsletter veröffentlichen und dich auch darin verlinken! Vielleicht 🤔 schreibe ich noch nen Blogartikel über Lebenslanges Lernen und Gedichte schreiben!
      Grüße aus dem verregneten Allgäu!
      Dagmar

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